Gestern Abend wollte ich eigentlich bloggen. Ich wollte euch von dem schönen Tag erzählen, den ich mit meiner Familie zusammen im Schwimmbad hatte. Wo ich doch Schwimmbäder – und vor allem Hallenbäder – so sehr hasse. Ich wollte über ein familienfreundliches Schwimmbad schreiben, von Schwimmversuchen und Chlorgestank. Und von einem Babyschwimmbecken, in dem auf einmal Kacke schwamm und alle darin plantschenden Badegäste auseinanderstoben wie aufgescheuchte Hühner. Ich wollte erzählen, wie wir über eine Stunde warteten, bis die Scheiße abgesaugt war – und wir dann doch irgendwie keine Lust mehr verspürten, darin zu baden.

Doch dann las ich einige Texte von anderen Bloggern und Links von Twitterern. Über die rechtsextremen Ausschreitungen gegen Flüchtlinge in Heidenau. Über die Rede von Sigmar Gabriel.Ich las Berichte aus Flüchtlingslagern. Und ich hatte keine Lust mehr, über so etwas Banales wie einen Schwimmbadbesuch zu bloggen. Ich war entsetzt, wütend und traurig über all das was ich da las. Und einige Bilder in meinem Kopf bekam ich nicht mehr los.

Vor allem das Bild von dem kleinen Jungen, der zu viel weinte und von Schleusern über Bord geworfen wurde beschäftigt mich. Ich muss ständig daran denken, was ich als Mutter in dieser Situation getan hätte. Wenn mein weinender HerrSjardinski über Bord geworfen wird, während der kleine MisterWin lethargisch an mir klebt. Ich malte mir so viel aus – doch leider endeten all meine Kopfszenarien tödlich für mich. Aber ich habe auch keinen Krieg und kein Elend hinter mir – ich würde kämpfen. Wie muss sich wohl diese arme schwangere Mutter fühlen? Wie fühlen sich diese armen traumatisierten Menschen, die so etwas mit angesehen, mit erlebt haben oder direkt von solchem „Flüchtlingsalltag“ betroffen sind? Und was denken sie wohl von uns Deutschen, wenn sie dann mit Steinen, Feuer und Hassparolen hier empfangen werden? Von einer Hölle in die andere. Das kann nicht sein!

Wisst ihr, diese Nazis sind wie diese Scheiße im Babyschwimmbecken. Nur dass sie keiner absaugt und entsorgt. Vielmehr schwimmt sie nach oben, sammelt sich zu kleinen und größeren Klümpchen, es wird immer mehr – bis sie wieder verstrudelt wird und abtaucht. Und irgendwann kommt sie wieder nach oben. Ein Scheißkreislauf. Und ich frage mich: WAS. IST BLOSS. MIT. DIESEN. LEUTEN. LOS?

Do not be inhospitable to strangers, lest they will be angels in disguise.

Ja, Deutschland ist ein freies Land. Mit Meinungsfreiheit. Und von mir aus können die Menschen hier auch gegen Flüchtlinge sein. Das ist auch eine Meinung – zwar eine scheiß Meinung, aber es ist eine Meinung. Von mir aus können diese Leute Texte, Leserbriefe schreiben, in Foren diskutieren oder politisch aktiv werden. Auch wenn ich es zum kotzen finde, sie haben ein Recht darauf. Aber nein, stattdessen sammelt sich die braune Meute und verbreitet Angst und Schrecken. Sie scheißt ihre Meinung den Flüchtlingen förmlich ins Gesicht. Oder pisst auf Kinder, wie ich gestern auch las. Sie tun das, weil sie entweder nicht schreiben oder diskutieren können, weil ihnen die Argumente fehlen, weil der Hass so groß ist.

Schämt euch! Schämt euch für das was ihr da tut. So benehmen sich nicht mal Tiere. So benehmen sich keine Menschen, so benehmen sich Monster. Vor allem sollten sich diejenigen schämen, die noch ihre Kinder mit zu solchen Märschen nehmen. Wollen die so ein Vorbild für ihre Kinder sein? Wollen sie wirklich, dass ihre Kinder Hass und Gewalt als gut und normal empfinden? Dass ihre Kinder zu solchen gewaltbereiten hasserfüllten Erwachsenen werden? Oder dass ihre Kinder irgendwann genauso angewidert von den Taten ihrer Eltern sind, wie viele Deutsche es gerade sind? Das kann nicht sein!

Ich bin froh, dass so nicht alle sind. Dass immer mehr Menschen helfen wollen. Einige spenden Kleidung, Kinderwägen und Spielzeug so wie ich das vor einigen Wochen tat, andere gehen in die Flüchtlingslager und helfen dort oder nehmen sogar Flüchtlinge bei sich auf. Eine Linksammlung findet ihr bei mama notes: Blogger für Flüchtlinge. Auch der Iromann und ich wollen hier in unserem Ort etwas bewirken und haben gestern einige Ideen gesammelt – zum Beispiel, dass einige Bürger ihren leerstehenden Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen könnten. Dafür gibt es auch finanzielle Anreize. Hätten wir die Möglichkeiten, würden wir es jedenfalls tun, daher wollen wir andere dazu lokal motivieren.

Es sind die kleinen Dinge, die jeder tun kann und die Großes bewirken. Denn vielleicht werden wir in 50, 100 oder 150 Jahren Mal selbst in dieser Situation und müssen aus unserem Deutschland flüchten. Und dann fände ich es etwas beruhigender im Hinblick auf meine Kinder und Enkelkinder zu wissen, dass wir bei anderen Völkern in guter Erinnerung sind. Dass wir uns für Flüchtlinge stark gemacht und uns engagiert haben. Und nicht, dass wir uns wie Haufen brauner Scheiße in einem Kinderschwimmbecken verhalten haben.