In letzter Zeit lese ich in Magazinen oder auf Blogs immer wieder von „Hypnobirthing“. Von Geburten, die in Trance selbstbestimmt gemeistert wurden. Ja, die schmerzfrei oder sogar lustvoll abliefen.

Ich mit meinen zwei unfreiwilligen Kaiserschnitten lese diese Geburtsberichte – und schlucke. Ich zweifle an mir und frage mich, warum ich davon nicht eher erfahren habe. Ob mir vielleicht dieses Hypnobirthing geholfen hätte? Vielleicht wäre die erste Geburt dann ganz anders verlaufen? Und die zweite daraufhin auch? Vielleicht hätte ich dann ja schöne Geburtserlebnisse, an die ich mich gerne zurückerinnern könnte? Vielleicht.

Aber so war es nicht, wird es nie sein. Und das macht mich traurig. Es macht mich traurig, aber auch sauer und wütend, denn es zeigt doch nur, dass „wir Kaiserschnittmütter“ es einfach nicht drauf haben. Wir sind zu lasch, zu weich, zu verkrampft, zu angstvoll. Wir glauben einfach nicht an unseren Körper oder sind schlichtweg nicht zum Gebären gebaut. Wir ließen uns den Kaiserschnitt aufschwatzen wie irgendein Abo, das man eigentlich nicht braucht. Wir hätten uns einfach mal entspannen sollen. Mit Hypnobirthing. BÄM.

Ich mag nichts mehr über Spaziergang-Geburten lesen.

Versteht mich nicht falsch. Ich weiß, dass die Verfasserinnen dieser Geburtsberichte nichts Böses im Sinn haben. Ja, ich finde es sogar toll, dass gerade Erstgebärenden mit positiven Berichten über schöne und einfache Geburten die Angst genommen wird. Denn oft liest man nur das Schlechte. Über schmerzhafte, lange Geburten, bei denen Ärzte doof und Hebammen aufgrund von Personalmangel überfordert waren. Ein Bild, was sich in die verunsicherten Köpfe der Schwangeren einbrennt. Daher schreibt bitte weiter, ihr mit euren tollen Geburtserlebnissen. Aber stellt bitte dieses Hypnobirthing nicht so in den Fokus.

Denn so rückwirkend sind solche Texte zwar schön und bewegend, hinterlassen bei mir aber einen bitteren Beigeschmack. Den Gedanken, doch nicht alles gegeben zu haben. Doch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, um eben keinen Kaiserschnitt zu bekommen. „Hätte ich doch nur die Einleitung nicht gemacht. Hätte ich doch bloß gewartet und mehr entspannt – vielleicht mit Hypnobirthing?“ Aber nein, hab ich nicht. Stattdessen habe ich gleich zweimal versagt – unentspannt eben.

Das Gedankenkarussell dreht sich. Und doch kann ich nichts mehr ändern. Denn ich hatte die Einleitung, hatte 30 Stunden Wehen, davon viele Stunden im Wehensturm. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, am Ende unter der PDA noch sechs Stunden Lagerungsversuche. Der Schmerz war nicht das Problem. Denn wenn das Köpfchen nicht ins kleine Becken will, hilft leider auch kein Hypnobirthing. Da helfen keine Entspannung und auch keine Trance. Außer vielleicht, um die besorgten Gesichter der Hebammen und Ärzte nicht zu bemerken.

Zweimal versagt – danke schön!

Gleiches Spiel bei der zweiten Geburt. Trotz Geburtsklinik mit niedriger Kaiserschnittrate. Trotz Teilnahme an einer Studie zur Förderung spontaner Geburten nach Kaiserschnitt. Wieder eine OP dank Wehensturm, einem verkeilten Köpfchen im Becken und meiner Intuition, die mich vor einer Uterusruptur an der Kaiserschnittnarbe rettete. Wieder das Gefühl, nicht alles versucht zu haben. Und die Frage, warum der eigene Körper nicht das tut, wofür er geschaffen wurde.

Warum mache ich mir trotzdem Vorwürfe? Denn die Vielleichts an verpassten „Hilfsmitteln“ machen mein Becken auch nicht gebärfähiger. Ich habe alles gegeben. Vielleicht wäre ich mit Hypnobirthing während der Geburt etwas gechillter gewesen. Aber mehr auch nicht. Warum muss immer dieser Druck von außen herrschen, wenn es um Geburten geht? Warum muss ich mich also vor mir selbst für meine zwei Kaiserschnitte rechtfertigen?

Seid stolz auf eure Kaiserschnittnarben

Weil Kaiserschnitt-Geburten verpönt sind. Weil man beim Buzzword „Kaiserschnitt“ immer an die Frauen denkt, die keinen Schmerz ertragen können. An die ängstlichen Mäuschen und solche, die sich eine Geburt einfach machen wollen. Oder an kaiserschnittgeile Geburtsstationen, die man sich eben als Wanna-be-Eltern ausgesucht hat. Selbst dran schuld! Zu doof, um sich richtig zu informieren. Oder?

Aber wisst ihr was? Ich mag das alles nicht mehr hören oder lesen. Auch ein Kaiserschnitt ist eine Geburt – und auch nicht immer die einfachste. Egal aus welchen Gründen er gemacht wurde. Auch wir Kaiserschnittmütter haben Leben geschenkt und alles dafür gegeben. Wir sollten nicht an uns zweifeln oder traurig sein, wenn wir Texte über schöne entspannte Geburten oder Hypnobirthing lesen. Denn auch wir sind Mütter. Und wir sollten voller Stolz unsere Narbe tragen können!

Habt ihr auch einen Kaiserschnitt gehabt? Musstet ihr euch rechtfertigen? Und denkt ihr auch oft daran, was hätte anders laufen können?