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Blog-Gedanken: Warum Instagrammer keine Blogger sind

Seit einiger Zeit beobachte ich, dass sich immer mehr Instagrammer in ihrem Profil als „Blogger“ bezeichnen. Damit kann man sich nämlich nicht nur besser vermarkten, es klingt auch cooler. Und auch in den sozialen Medien poppen immer mehr Diskussionen auf: „Sind Instagrammer Blogger?“

Ich finde es schwer, diese Frage mit 140 Zeichen auf Twitter oder unter einem Foto auf Instagram zu beantworten. Denn dazu muss man meiner Meinung etwas ausholen. Vor allem, wenn man sich mit Blog und sozialen Kanälen seit mehr als 15 Jahren beschäftigt.

Was Blogger und Instagrammer gemeinsam haben

 

Klar ist, dass Blogger als auch Instagrammer eigenen Content erstellen. Sie posten mal mehr oder weniger professionell erstellte Fotos. manchmal nach einem ansprechenen künstlerischen Konzept. Mal zu einem bestimmten Thema. Mal dreht sich ein Account nur um eine Person und ist Selfie-lastig. Manche Instagrammer lassen Bilder sprechen, andere schreiben lange und lustige Texte dazu. Und durch diese Vielfalt werden Instagrammer immer wichtiger für Unternehmen und Agenturen, um Produkte in Szene zu setzten. Ja, das tun sie auch, sie machen Werbung. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Nur scheint sich die Bezeichnung „Blogger“ eben etwas besser auf der Suche nach geeigneten Kooperationspartnern zu machen. Vielleicht ist er einfach etablierter, verständlicher und griffiger als „Instagrammer“? Der Begriff „Blogger“ ist dabei keine rechtlich geschützte Berufsbezeichnung. By the way gilt das auch für den Begriff „Journalist“.  Und im Prinzip darf sich – rein rechtlich – jeder so nennen.

Doch was genau ist eigentlich ein Blogger?

 

Ein Blogger ist Verfasser von Text-Beiträgen, die er auf seiner eigenen Webseite (WordPress & Co.) oder Blogportalen veröffentlicht. Ein Blogger führt also eine Art Internet-Tagebuch und steht als wesentlicher Autor über dem Text. Er schreibt meistens in der Ich-Perspektive und verbreitet seine persönliche Meinung. Blogger vernetzen sich mit anderen Bloggern, indem sie Beiträge mit Trackbacks und Pingbacks zu anderen Blogs verlinken – so sollte das jedenfalls sein. Dadurch steigern sie nicht nur die Bekanntheit ihrer Blogs, sondern auch die Reichweite der Beiträge. Blogger sind keine Journalisten, die sich generell sachlich an Fakten orientieren.

Und wo ist der Unterschied?

 

Im Gegensatz zu Bloggern veröffentlichen Instagrammer ihre Beiträge auf einer App. Sie können innerhalb der Beiträge nicht verklinken, sondern nur Personen innerhalb der Community markieren. Anhand von Hashtags können Beiträge „gruppiert“ werden, sind also bestimmten Themen zuzuordnen. Die Instagram-App lässt allerdings keine direkte Verlinkung innerhalb der App zu Beiträgen anderer Instagrammer zu. Auch ist der Instagrammer nicht wirklich Herr über das Ranking der Beiträge. Sie lassen sich also nicht durch steuerbare Einflüsse „pushen“. Auch hat der Instagrammer weder Gestaltungsspielraum seines Profils (z.B. mit einem Impressum) noch großen Einfluss auf persönliche Design-Gestaltung. Manchmal sogar nicht mal über sein eigenes Konto – das kann nämlich von heute auf morgen gelöscht oder gesperrt sein.

Klar könnte man jetzt sagen, dass Instagrammer Microblogger sind, die sich anhand von der Kombination Bild und Wort Gehör verschaffen. Einige Instagrammer erzählen nämlich wirklich schöne Geschichten. Und im Prinzip stimmt die Bezeichnung „Microblogger“, auch wenn ich sie dann noch etwas treffender für Twitter sehe. Denn hier findet man doch größere Parallelen zum ursprünglichen Bloggen: Ich kann direkt verlinken, bin über Suchmaschinen findbar, habe persönliche Gestaltungsmöglichkeiten.

Für einen Blogger ist Instagram wie jeder Social Media Kanal eine Ergänzung, ein Tool, um die Leser auf das Wesentliche zu ziehen: den Blog.

Blogger und Microblogger haben soziale und politische Relevanz

 

Aber dann ist da noch etwas, was mir etwas beim Instragammen fehlt, das ich bei Bloggern eher finde. Die politische und soziale Relevanz. Das soll jetzt keinesfalls abwertend klingen oder gar eingebildet – ich würde mich jetzt nicht selbst zu den relevanten Meinungsmachern zählen. Doch Instagramm scheint mir bisher nicht die Plattform zu sein, auf der man sich vorwiegend kritisch und tiefgründig mit brisanten Themen auseinander setzt. Hier steht das Bild im Vordegrund oder sogar die Komposition aus Bilder – mal pastellig weiß, mal atemberaubend schön, mal real. Manchmal werden Selfies zum Erfolg oder einfach nur traumschöne Torten und Wohnungen. Das trifft den Zahn der Zeit. Aber es ist eben dann doch nur oberflächlich gedacht und regt weniger zum Nachdenken an. Vielleicht tue ich dem Ganzen jetzt auch unrecht und ich habe noch nicht DIE sozialkritischen Insta-Accounts gefunden, die in der Presse zitiert werden? Oder das Ganze ist erst auf dem Vormarsch?

Suche ich also ein kritisches Auseinandersetzen mit bestimmten Themen so lande ich entweder auf Twitter oder eben auf Blogs. Ja, ich weiß, nicht alle Blogs sind tiefgründig. Das will ich gar nicht behaupten. Aber es gibt eben eine große Anzahl von Expertenblogs. Und dort finde ich Rants, Kritiken, Aufklärung oder satirische Beiträge. Dort entstehen Meinungen, die von anderen Bloggern, der Politik und den Medien aufgegriffen werden.

Und so ist es auch ein Stück mit den Kooperationen. Als Blogger nimmt man nicht einfach Kooperationen an, sondern hinterfragt, ob es für die Leserschaft interessant ist und dem Lesepublikum einen Mehrwert bietet. Einige Blogger – nicht alle – setzten sich wirklich kritisch mit den Dingen, die sie da nun testen, auseinander, anstatt sie nur zu zeigen oder zu integrieren. Manchmal mit journalistischem Charakter, wenn ich an Rezensionen oder Produktvergleichen denke. Auf Instagram ist das  technisch einfach gar nicht wirklich möglich beispielsweise zu Quellen zu verweisen oder mehrere Seiten zu beleuchten.

Instagrammer sind keine Blogger: Zwei Medien – zwei Welten

 

Egal ob Blog oder Instagram – es geht bei beiden um den Spaß am Schreiben und / oder Fotografieren. Es geht darum neue Dinge zu entdecken und dies mit anderen zu teilen. Und jeder hat seine Daseinsberechtigung, egal auf welcher Plattform und mit welchen Mitteln er seine Kreativität ausleben möchte.

Blogger müssen nicht gut auf Instagram sein. Genauso wenig wie Instagrammer ein eigenes Blog haben müssen. Und genauso wie Online und Print als völlig verschiedene Welten mit unterschiedlichen Zielgruppen angesehen werden, sollte das auch bei Blogs und Instagram möglich sein. Es sind einfach zwei verschiedene Kanäle, die man nicht über einen „Kamm“ schweren sollte, auch was die Begriffe angeht.

Für mich sind Instagrammer einfach keine Blogger. Sondern etwas ganz Eigenes. Wie siehst du das?