Wenn ich HerrnSjardinski manchmal ansehe, seh ich ihn: Den Mann, der er vielleicht einmal sein wird. Seine Gesichtszüge kann ich für den Hauch einer Sekunde erahnen. Aber es ist ein solch flüchtiger Moment, kaum greifbar. Wie in einem Traum und sofort wieder weg. Ich könnte nicht beschreiben, WAS ich gesehen habe. Oder WIE dieser erwachsene HerrSjardinski im Detail aussieht. Und wem er mehr ähnelt. Mir oder seinem Papa?

Klein Marsha mit vier Jahren.

Von Anfang an die Frage „Wem sieht er ähnlicher – Mama oder Papa?“ Beantworten konnten wir das selbst nie. Denn so richtig ähnlich sah HerrSjardinski keinem von uns. Nicht als Baby mit diesem kugelrunden Gesicht und dem vielen Speck und nicht als Kleinkind mit den zarten Gesichtszügen. Manchmal erinnerte er mich eher an meinen Opa (wegen der zauseligen Haare), manchmal an meinen Schwiegervater (wegen des runden Gesichts) – OpaSjardinski sozusagen.

Und jetzt als Kindergartenkind? Im Vergleich zu meinem vierjährigen ICH sehen wir uns schon ähnlich. Nur hat HerrSjardinski eine etwas zartere Nase und ist blond. Augen und Gesichtsform sind eindeutig meine, genauso wie seine schmale Figur. Für sein Alter ist er eher klein – das war mein Mann in seiner Kindheit aber auch. Bei MisterWin lässt sich das alles noch viel schwerer erahnen. Außer, dass er seine komplette Augenpartie vom Papa hat – inklusive Caterpillar-Augenbrauen. Dafür hat er meine dunklen Haare. Und ansonsten? Wir werden sehen.

Aber was macht schon das Aussehen? Klar ist es schön, sich selbst in seinem Kind wiederzuerkennen. Wir haben etwas von uns weitervererbt – das macht uns Eltern zu einem gewissen Teil unsterblich. Trotzdem sind diese zwei Kinder zwei vollkommen zufällig entstandene Mischungen aus unseren Genen. Einzigartige Mischungen. Und es wird spannend! Denn noch lässt sich nicht genau sagen, welche Talente, Veranlagungen oder Charaktereigenschaften mitvererbt wurden. Und was ist davon abgeschautes Verhalten oder Erziehung? Schwer zu sagen, oder?

Oben HerrSjardinski, unten MisterWin

Stur, aufbrausend, motzig – solche kleinen Charakterschwächen schiebt man ja gerne seinem Partner mit einem „DAS hat er von dir“ unter. Kann man machen – ist aber wohl auch eher dem Alter geschuldet. Oder hat hier jemand schon einen vernünftigen, höflichen und einsichtigen Vierjährigen erlebt? Daher halte ich mich mal an die Vorlieben von HerrnSjardinski:

Der Geschichtenerzähler
Vor zwei Tagen kam HerrSjardinski und wollte ein Buch schreiben. Zwei Seiten hatte er schon zusammen geklebt und etwas gemalt. Ich sollte den Text aufschreiben – also diktierte er mir eine kleine Geschichte von „Tim, der nicht schlafen will“. Es ist eine richtige Kurzgeschichte geworden. Wie kreativ von ihm – und ich so stolz. Ich komme aus einer sehr künstlerisch angehauchten Familie. Auch ich habe als Kind immer gereimt, eigene Lieder gedichtet, Geschichten auf Kassette gesprochen und später Kurzgeschichten geschrieben. Spannend, wohin ihn seine Kreativität bringen wird.

Der Saubermann
HerrSjardinski liebt es zu putzen. Wenn ihm langweilig ist, fragt er ganz oft, ob er putzen darf! Öhm – klar! Bewaffnet mit Putztüchern und Putzmittel werden dann sämtliche Oberflächen gereinigt. Einmal hat er sogar mit Scheuermilch und einer Zahnbürste die Fliesenfugen im Badezimmer sauber gebürstet. Yeah! Das hat er eindeutig nicht von mir oder meinem Mann – aber mein Papa putzt gerne.

Der Gärtner
Äste schneiden, Löwenzahn entfernen, Blätter kehren – an HerrnSjardinski ist ein kleiner Gärtner verloren gegangen. Sobald es blüht, wird an jeder Blume geschnüffelt und an jedem Kräuter probiert. Letzten Sommer kümmerte er sich dazu liebevoll um seine „indische Tomate“, die er von unserem Nachbar geschenkt bekam. Den grünen Daumen hat er weder von mir (ich dünge und gieße immer alles tot) oder meinem Mann (der sich mal die Nase mit der Heckenschere abschnitt – andere Geschichte). Aber meine Schwiegereltern sind beide Gärtner!

Der Informierte
Punkt 19:50 Uhr fangen sie an – die Kindernachrichten. HerrSjardinski wird richtig sauer, wenn er die verpasst. Er will unbedingt wissen, was in der Welt passiert ist. Und wehe Mama und Papa unterhalten sich leise dabei. Da ernten wir böse Blicke und ein lautes „Psssst“. Aber auch Tier- und Geschichtsdokus (Löwenzahn, Sendung mit der Maus) findet er sehr spannend. Neulich wollte ich ihm erklären, warum manche Tierarten vom Aussterben bedroht sind. „Weiß ich doch schon, Mama, das hab ich schon im Fernsehn gesehen.“ Äh – dann eben nicht. Er liebt eben Dokus. Wie mein Mann.

Oft sehe ich HerrSjardinski an und überlege: Wie wird er wohl sein, dieser erwachsene HerrSjardinski? Vom Aussehen her wie ich mit Nuancen von meinem Mann? Und was wird er Mal machen? Wir er ein kreativer Gärtner oder eher ein Dokureporter? Ein Tatortreiniger? Auf jedenfall jemand Einzigartiges, dem wir Eltern das Beste mit auf den Weg gegeben haben.

Dieser Text ist mein kleiner Beitrag zur Blogparade von Mama on the Rocks #DubistIch.