Es gab eine Zeit, als ich noch keine Mutter war. Ohne meine zwei Söhne. Da waren nur ich, der Iromann, unsere Katzen und unsere Wohnung. Wir hatten beide unsere 40 Stunden Jobs, abends wurde gezockt, gemeinsam Serien geschaut oder sich mit Freunden getroffen. Der Kinderwunsch war da. Aber es passierte erstmal nichts. Und eines Tages im Herbst 2009 fing es an – ich grübelte. Und konnte nicht mehr aufhören.

Erst störte mich nur, dass meine Augen schlechter geworden waren. Ihr müsst wissen, dass ich die 2006 lasern ließ. Und drei Jahre danach, da stimmte irgendwas nicht mehr. Das Arbeiten am PC fiel mir schwer, auch das Autofahren, das Lesen. Da waren blöde Schatten und dadurch Kopfschmerzen. Ich ging also zum Arzt, dann nochmal zu Spezialisten. Resultat: Hornhautverkrümmung, Weitsichtigkeit. Brille! Das Gedankenkarussel begann sich zu drehen. Werden meine Augen kontinuierlich schlechter? Warum sehe ich mit Brille auch nicht optimal? Was ist, wenn ich nicht mehr arbeiten kann?

Foto: www.pexels.com

Irgendwie wurde es jeden Tag schlimmer. Neue Gedanken kamen hinzu: Warum werde ich nicht schwanger? Stimmt da auch etwas nicht? Gedanken, die ihre Kreise zogen und alle Möglichkeiten diskutierten. Eine Abwärtsspirale die mir die Luft und den Spaß für andere Dinge nahm. Abends lag ich grübelnd im Bett, konnte nicht schlafen. Ich hatte keinen Appetit, schon der Gedanke an Essen bereitete mir Übelkeit. Und immer wieder versank ich tagsüber in meine Gedankenwelt.

Ich war wie gefangen. Ich kam nicht mehr raus. Ich schlief wenig, aß wenig. Ohne positive Gefühle versuchte ich zu funktionieren. Manchmal wünschte ich mir, dass diese Gedanken einfach aufhören. Ein Ausweg. Dass es „still“ ist in meinem Kopf. Und ich verstand plötzlich, warum sich Menschen mit Depressionen das Leben nehmen.

Damals vor fünf Jahren bin ich ziemlich vielen Freunden auf die Nerven gegangen. Auch die Partnerschaft stand ziemlich auf der Kippe. Ich entschloss mich für eine Verhaltenstherapie. Sitzungen, bei denen ich anfangs einfach nur heulend da saß. Und gar nicht wusste warum. Aber es tat gut. Und nach einigen Wochen kamen die Gedanken immer seltener. Und: Ich war schwanger.

Ich hielt den positiven Test in der Hand und konnte es kaum glauben. Und fürchtete mich auf der anderen Seite, dass jetzt NEUE Grübelein dazu kämen. Ob es dem Baby in meinem Bauch gut geht? Schaffe ich das alles? Was ist mit der Arbeit? STOP! Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte meine Schwangerschaft nicht mit negativen Gedanken verbringen. Ich wollte nicht, dass das erste, was das Baby von mir kennenlernt, negative Gefühle sind. Und da beschloss ich, einfach fröhlich zu sein. Niemals wieder am Negativen festzuhalten.

Von diesem Tag an habe ich nicht mehr gegrübelt. Ich war einfach nur glücklich und habe meine Schwangerschaft genossen. Auch als der Ischias schmerzte und der Geburtstermin überschritten war. Sogar nach dem Kaiserschnitt habe ich nicht mit meiner Situation gehadert. Ich hatte ja alles gegeben. Und da war ja auch mein süßes Baby. Warum an Dinge Gedanken verschwenden, die man sowieso nicht beeinflussen oder ändern kann?

Und auch heute verschwende ich meine Gedanken nur an die wichtigen Sachen. Die, die geändert werden müssen. Die, die beeinflussbar sind. Und das ist schon wirklich mehr als genug. Vor allem wenn man bedenkt, dass bei kleinen Kindern schon der falsche Brotbelag (Brotbelag = kann auch durch einen beliebigen anderen Gegenstand ersetzt werden) zu schlimmsten Ausbrüchen führen kann. Wer weiß da also schon, was die Zukunft bringt?

Drei Monate dauert meine „Winterdepression“, aus der mich HerrSjardinski gerettet hat. Die negativen Gedanken kratzen manchmal, wollen raus. Flüstern: „Was wird mit deinem Job? Bekommt MisterWin bald den Krippen-Platz?“ Sie sind noch irgendwo da drin in meinem Kopf. Doch meistens habe ich zwischen vollen Windeln, Legobau-Aktionen, Geweine, Haushalt, Arbeiten, Küchenchaos, Krankheitswahnsinn und anderen Katastrophen überhaupt keine Zeit dafür. Und wenn doch – und sie wieder kratzen – lächle ich sie weg. Es wird alles gut – irgendwie.