Ich blicke zurück auf knapp zwei Wochen mit einem Schulkind. Und muss sagen: Das ist echt krasser Scheiß. Nicht nur für den feinen Herrn, der von heute auf morgen in so vielen Dingen selbständig werden muss. Sondern auch für uns Eltern. Dieses Loslassen ist echt schwerer als gedacht.
Schon am Tag der Einschulung flackerte dieses fiese Loslassen kurz auf. Das Schulkind wird von seiner Lehrerin mit seinen neuen Klassenkameraden in der Sporthalle empfangen. Zusammen zieht die neue Klasse aus der übervollen, stickig schwülen Halle. Wohin? Wie lange? Was machen sie eigentlich?
Wie so echte Anfänger warten mit unserer Ungewissheit. Die erfahrenen Schulkindeltern haben sich ihren Sekt mit gebracht und stoßen draußen fröhlich in der Sonne an. Wir schwitzen mit Apfelschorle in der Hand und bedienen uns am Kuchenbuffet und versuchen Informationen über Schule und Lehrer zu erhalten. Nach einer Stunde lassen wir uns schließlich von der Elternmenge treiben, die in Richtung Schulgebäude strömt. Scheinbar darf man die Kinder in den Klassenzimmern abholen. Wir hatten die Info gar nicht mitbekommen. Und überhaupt ist alles so unwirklich. Wir haben ein Schulkind!
Schulweg – lieber später als früher!
In den folgenden Tagen müssen wir erstmal die gewohnte Morgenroutine anpassen. An den Stundenplan. Gnädigerweise hat der feine Herr dreimal zur zweiten Stunde, was zu unseren gewohnten Zeiten passt. Aber dann ist ja noch der Schulweg. Der feine Herr muss bis zur Haltestelle für den Schulbus laufen. Einen Weg, den er kennt, den wir aber noch gemeinsam einige Zeit üben wollen.
Denn was sich vor allem für den Herrn als Hürde erwies, ist das Bus fahren. Schon beim ersten Mal blickte er mich mit großen Augen an und fragte „Fährst du mit Mama?“ Mit dem Rabauko an der Hand und der Arbeit im Nacken, konnte ich diesen Wunsch leider nicht erfüllen. Und so stieg HerrSjardinski unter Protest ein, die Türen schlossen sich und er blickte mich mit Tränen in den Augen durch die Scheiben an. Anklagend, ängstlich und traurig. Mein Mutterherz brach. Nur das Wissen, dass seine Freunde und eine andere Mama mit im Bus waren sowie dass die Kinder von der Haltestelle abholt werden, hinderten mich daran hinterher zu düsen.
Was auch Quatsch gewesen wäre, denn er schaffte das, es war nur ein kurzer Schreck. Und trotzdem. Bus fahren ist nicht seins.
„Mama, kannst du mich heute in die Schule fahren“
„Früher oder später sollst du den Schulweg alleine schaffen. Auch Bus fahren.“
„Dann lieber später!“
Die Sache mit der Kommunikation
Die Sache mit der Kommunikation ist auch so ein Ding. Wo man früher ganz bequem zwischen Tür und Angel die Erzieherinnen ansprechen und um Rat fragen konnte, findet nun alles durch und über das Kind statt.
„Wie war´s in der Schule?“
„Gut!“
„Erzähl mal, was war das Tollste heute?“
„Es gab einen ganz ganz leckeren Nachtisch, Mousse au Chocolat mit Vanillesauce. Das war sooo lecker. So cremig. Wie in Frankreich, weisst du noch….“
Und wie man sich denken kann, bekomme ich zwar einiges erzählt, aber meist dreht es sich um Essen, Pausen und wen er getroffen hat (Freunde, Lehrer, Bekannte). Und da kann ich als Jungsmama schon froh sein, dass nach dem „gut“ überhaut noch mehr kommt. Was sie im Unterricht machen? Keinen Plan. Hausaufgaben? Vielleicht.
Die Hausaufgaben macht der Herr nämlich an drei Tagen während der Betreuungszeiten in der Hausaufgabengruppe. An zwei Tagen macht er sie daheim, während ich – wie so eine richtige Schukindmama – Mitagessen koche. Was gemacht werden muss, weiß nur der Herr, denn die Aufgaben werden selbständig in ein Notizheft geschrieben (mit Farben für die verschiedenen Schnellhefter oder Seiten-Zahlen). Auch der Ranzen muss selbst gepackt werden, denn alle Unterrichtsmaterialien befinden sich in einem Fach in der Schule. Und so wird der Rucksack immer schwerer, da der Herr dort scheinbar gar nichts mehr auspackt und zurücklegt.
Lediglich über eine Postmappe findet über Ausdrucke und Zettel eine Kommunikation mit den Lehrern statt. Eigentlich ist das System echt toll, denn die Kinder lernen viel Eigenverantwortung. Und doch ist es eine krasse Umstellung. Ich fühle mich so uninformiert und weiß gar nicht, ob das Gefühl zutrifft oder nicht.
Das Schulkind und diese Loslassen
Die erste Woche mit so vielen neuen Eindrücken ist um. Es wurden so viele Menschen kennen gelernt: Klassenkameraden, Lehrer und Erzieher der Nachmittagsbetreuung, zu denen erst ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden muss. Ganz ohne Eingewöhnung und Kuscheleinlage, wie in alten Kindergartenzeiten. Und auch die Klasse muss erst eine richtige Gruppe werden. Dazu die neuen Abläufe wie Bus fahren, Unterricht, Pausen, Schulkantine und Betreuung. Und Hausaufgaben. Puuuh – es ist ganz schön viel auf einmal.
Aber ich bin so stolz, dass HerrSjardinski – der ja nie besonders gerne in den Kindergarten ging – das bisher so gut schafft. Dass bisher keine Klagen kamen, denn die Lehrer und Erzieher sind nett, alles scheint strukturiert.
Diese Schulkinder, wir müssen sie wohl wirklich los lassen und ihnen Flügel geben, damit sie über sich hinaus wachsen. Und alleine wieder zurück kommen, um an der starken Wurzel Kraft zu tanken. Und auch wir Anfänger-Schuleltern müssen das lernen. Wir schaffen das!
Nächste Woche ist Elternabend. Ich sag nur: Let the Games begin.
Oh wie anders es bei Euch läuft. Aber wir haben diese Rückfälle alle in der Nacht. Aber die Tage sind voller Sonnenschein und hüpfendem Elan – abgesehen vom Hort, da muss sie erst noch ankommen.
Heute schrieb ich darüber, wie ich mich beim Loslassen fühle. Ich pack das mal in den Webseitenlink hier.
Ja, er Hort ist echt nochmal eine neue Nummer. Bei uns sind es soooo viele Kinder. Aber der feineHerr sagt, die sind alle lieb und er mag seine Lehrerin sehr. Das gibt einem ein gutes Gefühl.
Hi, das klingt wie der ganz normale Wahnsinn. Für die Infos hilft es, sich mit anderen Mamas zu vernetzen, die Mädchenmamas wissen immer alles. Meine Erfahrung ist wie Deine, im KiGa war man irgendwie mit drin und zumindest unsere Erzieherinnen erzählen oft Anekdoten beim Abholen, aber von Schule bekommt man nur bedingt was mit. Das ist so viel Selbständigkeit. Unser erstes halbes Jahr war nicht schön, aber inzwischen nörgelt er immerhin nicht mehr, dass er wieder in den KiGa möchte. Eurem HerrnSjardinski weiter alles Gute!
Bei uns ist es in etwas über zwei Wochen soweit. Ich hab echt Bammel. Nicht wegen der Einschulung, nicht wegen dem Schulweg…aber ich glaube dieses Loslassen wird mir und dem Kind mehr als nur schwer fallen. Er lässt sich so leicht von seinem Umfeld verunsichern und steht sich dann eine ganze Weile selbst im Weg, bis er darüber hinauswächst. Er wäre sicher nicht in den Bus gestiegen. Hach…
Er hat sich übrigens genau den selben Schulranzen ausgesucht. Nur mit Fußball ^^
Ich wünsche euch einen tollen Schulstart. Zum Glück sind am Anfang ja alle Kids in der gleichen Situation. Und die Fußball-Kletties haben wir auch, er wollte sie nur noch nicht am Rucksack 😀
Klar, wenn man das Kind fragt wie der Schultag war, bekommt man nur die Info, die das Kind für wichtig erachtet. Ich habe lange gebraucht, um das zu akzeptieren. Für mich kam als blinde Mama erschwerend hinzu, daß ich die handschriftlichen Mitteilungen der Lehrerin nicht ohne fremde Hilfe lesen konnte, und E-Mail nicht gern gesehen war. Inzwischen habe ich beides, zwei Teenager, die wissen worauf es mir ankommt, und Klassenlehrer, die mich per Mail anschreiben. Kurz gesagt: Mit der Zeit gibt sich das alles.
Liebe Lydia, das ist schön zu hören, dass die Lehrer auch individuell auf einen eingehen. Ich bin auch sehr zuversichtlich, dass sich alles irgendwann einpendelt.