Was in Syrien los ist, warum Menschen nach Deutschland kommen und Schutz suchen – das alles weiß der feine Herr schon. Denn nicht selten sitzen bei uns in der Küche zwei junge Syrer, denen wir versuchen zu helfen, hier ein neues Leben aufzubauen. Jeder mit seiner eigenen Geschichte. Beide musstene ihre Familien zurück lassen.
Doch was ist eigentlich mit den Kindern, die flüchten mussten? Warum verhält sich beispielsweise dieser eine Junge in der Schule manchmal so aggressiv? Zeit, das Flüchtlingsthema von einer anderen Seite zu beleuchten – aus Kindersicht. Mit „Mein Freund Salim“ von Uticha Marmom habe ich ein Kinderbuch gefunden, das das Thema Flucht kindgerecht und spannend aufbereitet.
Hannes und seine jüngere Schwester Tammi halten zusammen, wenn es darauf ankommt. Zum Beispiel wenn das Gruselzimmer für das Schulfest vorbereitet werden muss. Oder wenn ein fremder Junge ihr Leben durcheinander wirbelt. Denn eines Tages treffen sie auf ihrem Spielplatz einen fremden Jungen, der sich recht merkwürdig verhält. Er trägt eine zu kleine Jacke mit rosa Glitzervögeln darauf und wirft sich bei einer Fehlzündung eines Autos flach in den Sand. Auch die Bilder, die er in ein Buch gemalt hat, sind recht merkwürdig. Erst mit detektivischem Spürsinn begreifen die beiden Geschwister, dass der Vogeljunge, der kein Deutsch spricht, seine Familie verloren hat. Für Hannes und Tammi steht fest: Freunde müssen nicht dieselbe Sprache sprechen, um einander verstehen und helfen zu können.
Die Geschichte von dem Vogeljungen „Mein Freund Salim“ ist für Kinder zwischen 8 und 10 Jahren.
„Salim war durch den Krieg in seinem Land zu einem geworden, der reisen musste. Und wer denkt, dass man als Kind kein Reisender sein kann, der sollte wohl mal anfangen, sich umzusehen in der Welt.“ (S. 151.)
Das sagt Mutter – Kinder als heimatlose Zugvögel
Tammi und Hannes sind sehr einfühlsam mit ihren Beobachtungen rund um Salim. Sie sind neugierig und aufgeschlossen – genau so, wie ich möchte, dass auch meine Kinder fremden Kindern begegnen. Zu hinterfragen, warum jemand etwas bestimmtes tut – wie einen Apfel stehlen – und ihn nicht gleich abzustempeln.
Die Autorin hat mit „Mein Freund Salim“ etwas Wunderbares geschaffen: Das Thema Flüchtlingshilfe und -politik altersgemäß aufzugreifen und auch schwierige Themen wie den Verlust der Familie anzusprechen. Doch allzu sehr ins Detail wird dabei nicht gegangen – je nachdem welchen Wissensstand der Leser hat, können die Hintergrunde selbst erahnt werden. Das finde ich sehr gelungen, denn so kann der Leser mit der Brutalität und der Grausamkeit, die hinter jeder Flüchtlingsgeschichte steckt, nicht überfordert werden.
Was mich etwas gestört hat ist der rote Faden, der sich durch „Mein Freund Salim“ zieht: Das Buch „Die Abenteuer des Tom Sawyer“. Welches Kind kennt dieses Buch heutzutage noch? Ich muss gestehen, dass selbst ich – die ich Unmengen an Büchern gelesen habe – es nie in der Hand hatte. Durch die Wissenslücke sind manche Textpassagen schwer zugänglich und nicht greifbar. Schade. Die Symbolik mit den reisenden Schwalben finde ich dagegen sehr stark und einprägsam.
Das sagt Söhnchen – Bitte erklär mir das nochmal
Mama, erklär mir das bitte nochmal, wer hat jetzt die Sachen aus dem Gruselzimmer gestohlen? Und Mama, ich glaube, das ist seine Familie auf den Bildern. Aber was ist das mit dem Boot? Warum erzählen die denn nichts ihren Eltern, um Salim zu helfen?
♥ Autor: Uticha Marmon
♥ Verlag: Magellan Verlag
♥ Altersempfehlung: 8-10 Jahre
♥ Seiten: 158
♥ ISBN: 9783734840104
♥ Preis: 8,00 € (Taschenbuch)