Ich bin ein riesiger Märchenfan und freue mich immer wie ein kleines Kind, wenn an Feiertagen die Märchenfilme rauf und runter gezeigt werden. So wie heute. Ich saß mit dem feinen Herrn auf der Couch und wie schauten „Hänsel und Gretel“. Ziemlich düster und etwas creepy – aber die Story war dem Sohn bekannt.
Doch diesmal sah ich die Geschichte mit anderen Augen. Eine Mutter, die ihre zwei Kinder im Wald zurück lässt, weil die Familie nichts zu essen hat. WTF? Eine Mutter, die ihr Wohl über das ihrer Kinder stellt. Welche Mutter tut sowas? Und warum ist eigentlich in jedem Märchen die Mutter entweder fies, tot oder von einer noch gemeineren Stiefmutter vertreten?
Fernab der Realität. Oder? Aber wenn ich mir so andere Märchen anschau, kann ich mich dort durchaus wiederfinden. Denn komischer Weise müssen die netten Frauen in Märchen immer irgendwie fleißig sein, putzen oder irgendeine krasse Aufgabe jenseits der Selbstaufopferung tun. Zur Anerkennung ihrer Arbeit werden sie dann geheiratet (hysterisch kicher).
Hei-ho, hei-ho, wir sind vergnügt und froh. (Schneewittchen)
Ja manchmal bin ich das Schneewittchen, das ihren Zwerge die Bude in Ordnung hält. Und auch in Sachen Rummäkeln machen die kleinen Knirpse zu zweit Genöle für sieben:
Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?
Wer hat von meiner Schokolade gegessen?
Wer hat mein Lego-Bauwerk zerstört?
Und wo ist mein Trinkäään?
Tja, in Sachen Essenszubereitung kann man aber auch nur alles falsch machen. Zum Beispiel, wenn das Brot nicht von links nach rechts geschmiert oder mit der verkehrten Wurst belegt wurde. Ihr kennt das, oder? ODER? Oh oh – das Kind wollte gar kein Brot, sondern Toast! Wuuäääh. Hätte man ja vorher wissen können. Als Mama sollte man vorausschauend denken. Und wer an dieser Stelle nicht das Stroh in Gold verwandeln kann, muss sich mit einem tobenden Rumpelstilzchen auseinandersetzen.
Ansonsten hat man ja auch genug zu tun. Zum Beispiel den ganzen Tag den Kids hinterheräumen und das im Aschenputtel-Look. Was der Rabauke und sein großer Bruder manchmal an Chaos hinterlassen, erinnert mich oft schwer an „die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“. Kekskrümel, Legosteine und Puzzelteile – sortieren macht einfach riesen Spaß. Nicht. Hallo, wo bleiben meinen verkackten Tauben? Wenn wenigstens die Kinder helfen würden, aber die machen meist an anderer Stelle neues Chaos.
Bibbidi Babbedi Boo! (Cinderella)
Und auch bei den seltenen abendlichen Dates mache ich oft einen Abgang im Aschenputtel-Style. Da wird schon ab 22 Uhr auf die Uhr geschielt, um dann Schlag zwölf mit viel PS in der Familienkutsche nach Hause zu brausen. Schuhverluste gab es zum Glück noch keine. Immerhin etwas.
Klamottenschwund gibt es nur, wenn man mit den Kindern unterwegs ist. Die sich ab einem gewissen Alter in Sachen Kleiderwahl nicht mehr reinreden lassen. Nö, die dünne Jacke muss es sein, Mütze ist doof und Handschuhe sowieso. Is klar, dass keine 5-Minuten später an der frischen Luft bemerkt wird, dass es kalt ist. Und schwuups, hat man seine eigene Jacke samt Handschuhe und Schal verteilt. Bibber! Ausgeplündert wie Sterntaler. Ich frag mich nur, wo der verdammte Goldregen bleibt. Gnäh.
Wenn dann wenigstens die Nächte mal langsam etwas ruhiger wären. Aber nein, alle vier Stunden wir der bitter nötige Schlaf vom jüngsten Kind unterbrochen. Und hat man Mal für wenige Stunden das Bett für sich alleine, drückt und piekst einem mindestens einer der drölfzig verschollenen Schnuller im Rücken. Is ja klar, dass die auftauchen, wenn man sie nicht braucht, ne? Prinzessin auf der Erbse sein nervt.
Da wäre ich doch lieber Dornröschen, die einfach nur sagenhaft passiv ist. Ok, das arme Kind zweier Helikopter-Eltern kann einem eigentlich nur Leid tun. 15 jahre ohne Funfaktor müssen echt hart gewesen sein. Aber auf den 100-jährigen Schlaf bin ich echt neidisch. Und wie wird der beendet? Mit einem Kuss! BÄM! Und ich? Bekomm jeden morgen Ohrenschellen, Fußtritte und penetrante Maaaamaaa-Rufe.
Das Leben als Mama ist manchmal echt wie im Märchen. Aber auch wenn ich oft genervt bin oder ich mir ab und zu einfach mal ein paar Stunden Ruhe wünsche, würde ich meine Kinder nie niemals allein in den Wald schicken. Denn so ein Märchen hat ja auch immer ein Happy End – und wenn es nur fröhliches Kinderlachen ist. Das wiegt doch jede Mühe auf.
Das ist das Glück, Hmmm, Schau nicht zurück!
Die Stunde geht so schnell vorbei. (Cinderella)
Und sie lebten glücklich bis zu ihrem Lebensende.
Fühlt ich auch auch manchmal ein Stück wie im Märchen?
Oh Marsha, ich musste gerade so herzlich lachen. Was für Vergleiche *kicher*. Wir lieben auch Märchen. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel: Top! Auf einem Familientreffen haben wir schon mal „Der Wolf und die Sieben Geißlein“ performt (nach dem Vorbild der Augsburger Puppenkiste, also mit Gesangseinlagen „Ich bin der Wolf, das kann man sehn!“ gibts übrigens auf YouTube in Schwarz-Weiß noch).
Meistens ist es ja die Stiefmutter, die dem leiblichen Kind des ehemaligen Wittwers etwas böses will (Hänsel und Gretel, Schneewittchen und auch Dornröschen). Klares Motiv ist hier immer die Eifersucht. Denn, wie ich in einem Artikel schon erwähnt habe: Elternliebe ist stärker als Partnerliebe. Blut ist dicker als Wasser.
Will heißen die Stiefmutter spielt meistens die zweite Geige. Im Falle Dornröschen und Frau Holle kommt ja noch dazu, dass die eigenen Kinder hässlicher und dümmer sind. Auch hier wird ganz klar das eigen Fleisch und Blut gefördert und die Stiefgeschwister als Konkurenz klein gehalten. Das sehen wir in modernen Patchwork-Familien aber wahrscheinlich nur noch selten. Wobei, so ein bisschen was Wahres ist schon dran.
Viele liebe Grüße und noch mehr Artikel dieser Art bitte 🙂
Ella
Hallo Marsha,
Vielen Dank für diesen herrlichen Beitrag. Den bekommt gleich noch meine Freundin zum Lesen, damit ihr Tag genauso gut startet wie meiner.
Ist dir auch schon aufgefallen, dass die meisten Märchen mit der Heirat, spätestens kurz nach der Geburt des ersten Kindes enden? Nach deinem Post wissen es jetzt endlich alle.
Viele Grüße
Mama Maus
Ja, als ob das der Jackpot wäre 😛