Wir Eltern stehen in der Verantwortung, unsere Kindern für den Umgang mit dem Smartphone stark zu machen. Ungefähr so wie beim Sex. Sicherlich wird keiner von uns seinem Kind mit 13 oder 14 Jahren eine handvoll Gummis in die Hand drücken und sagen „So, dann leg mal los. Viel Spaß!“. Nur um dann permanent rum zu meckern, dass jeden Tag ein anderer Liebhaber auf der Matte steht, kaum noch geschlafen wird oder – hoppla – die Gummis nicht oder falsch angewendet werden. Möp. Hier ist es ganz klar: Wir reden mit unseren Kindern darüber, was verantwortungsvolles Handeln bedeutet. Und genau das muss in Zeiten von Cybermobbing, Datenschutz und Spielsucht auch mit der Medienkompetenz und den Umgang mit digitalen Geräten passieren.
Am Wochenende war ich auf der Bloggerkonferenz denkst und eines der vielen spannenden Themen waren „Smartphone-Überlebenstipps für Eltern“. Der Digitaltrainer und Medienpädagoge Daniel Wolff hat dazu lange uns ausführlich referiert. Und eigentlich wollten wir im Rahmen eines Workshops richtig gute und durchdachte Tipps für alle Eltern sammeln, wozu es dann aber leider nicht kam. Da mir das Thema aber sehr am Herzen liegt, auch wenn ich selbst noch keine Kinder mit Smartphones habe, möchte ich euch kurz meine Tipps – die sich bei uns im Alltag mit anderen digitalen Geräten bewährt haben – vorstellen.
Wie bekommen wir unsere Kinder dazu, dass sie nicht Tag und Nacht am Handy verbringen, ihre Klassenkameraden online beschimpfen oder gruselige Kettenbriefe verschicken?
1) Kindern Verantwortung & Vertrauen im Alltag schenken
Dass Kinder Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, kommt nicht von alleine. Ich bin der Überzeugung, dass wir Eltern schon BEVOR unsere Kinder ihr erstes Handy in die Hand gedrückt bekommen (und nicht mehr ablegen wollen), dafür sogen müssen, Verantwortung auch im Alltag erfahren zu dürfen. Ich meine damit, dass man seinen Kindern schon frühzeitig das Vertrauen schenken sollte, sich auch mal alleine behaupten zu müssen und die Freizeit ohne Elternkontrolle verbringen zu dürfen. Das fängt damit an, alleine den Schulweg zu meistern, eine Herausforderung selbständig lösen zu müssen (einen Einkauf, ein Essen selbst zubereiten) oder auch mal den Nachmittag durch die Nachbarschaft zu stromern und Freunde besuchen dürfen.
Ja, damit mache ich mich vielleicht unbeliebt, aber sicherlich ist ein Grund, weshalb viele Jugendliche permanent am Handy hängen, auch der, dass sie sonst im Alltag wenig eigenverantwortlich handeln dürfen. Und hinter der verschlossenen Kinderzimmertür ist diese Online-Welt, die sie dann mit Anerkennung in Form von Herzen, Freunden und Spielerfolgen belohnt. Tja nun.
Wer mag, kann dazu hier weiterlesen, da habe ich beschrieben, wie Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen.
2) Ab welchem Alter dürfen Kinder ein Smartphone haben
Das Smarthpone ist der goldene Gral in Sachen digitalem Gerät, denn man hat auch gleich Internet, Apps zum daddeln und chatten und einen Haufen anderer Funktionen in der Hosentasche. Für viele Eltern ist sicherlich ein guter Grund, der FÜR ein Handy spricht: Das Kind kann sich melden, falls etwas sein sollte. Aber auch als Eltern kann man dank Whatsapp jederzeit in Kontakt bleiben und checken, dass dem Nachwuchs nichts passiert ist – egal ob bei Freunden, in der Schule oder auf der Klassenfahrt. Es ist schon ganz schön verführerisch, immer genau wissen zu können, wo sich das Kind befindet. Gerade bei Grundschulkindern. Aber wir sind ja schließlich auch ohne Handy groß geworden, oder?
Der Impuls, ein Smartphone besitzen zu wollen, sollte meiner Meinung vom Kind aus kommen, nicht von den Eltern. Und dann ist es wohl immer noch früh genug. Denn für ein eigenes Handy brauchen Kinder Medienkompetenz und auch Verantwortung im Umgang mit diesem „Spielzeug“. Ob das mit 10 Jahren, 11 Jahren oder erst mit 14 Jahren soweit ist, entscheiden letztlich wir Eltern.
3) Handy-Familienregeln, die für alle gelten
Ich bin ehrlich gesagt nicht für Verbote – wenn sich letztlich die Erwachsenen selbst nicht dran halten. Sprich: Es ist wenig glaubwürdig, wenn wir Eltern an Nutzungszeiten rumnörgeln, wenn wir doch selbst dauernd zum geliebten Smartphone greifen. Daher bin ich sehr dafür, Regeln für alle Familienmitglieder einzuführen. Wie die genau aussehen, darf jede Familie für sich entscheiden. Vielleicht reicht es für die einen, das Smartphone beim Essen auszuschalten.
Andere brauchen mehr Regeln, wie einen Smartphone-freien Tag oder vielleicht sogar ein „Handy-Hotel“, in dem abends alle Smartphones abgelegt werden, damit das Handy nicht in Kinderzimmer & Co. bei der Nachtruhe stört. Aber egal wie die Regeln aussehen, wir Erwachsenen sollten Vorbild sein. Auch wenn es darum geht, die Konsequenzen bei Regelverstößen zu tragen (kein Zugang mehr zum WLAN, Strafzeiten, 5- Euro in die Familienausflugskasse etc.).
4) Nutzungsdauer für Kinder
Für uns Erwachsenen ist es selbstverständlich, das Handy auf der Arbeit beiseite zu legen oder sogar aus zu schalten. Jede Nachricht oder Push-Up Benachtichtigung stört uns, egal ob wir gerade in einem Meeting, im Kino oder während einer guten Unterhaltung sind. So ist das auch bei unseren Kindern. Deshalb ist es sinnvoll, beim Einrichten des ersten Smartphones dabei zu sein, die Störfaktoren zu minimieren und zu erklären, warum wir nicht permanent erreichbar sein müssen. Auch nicht auf Klassenfahrten oder Ausflügen. Trotzdem bin ich kein Fan von „Bildschirm-Gutscheinen“ oder eingeschränkten und festgelegten Nutzungszeiten.
Ich finde es nicht schlimm, wenn man mal einen Tag länger an Handy & Co. verbringt, wenn es dafür auch Tage gibt, an denen weniger oder gar nicht gezockt, geschaut und gechattet wird. Früher haben wir als Teenies stundenlang telefoniert – heute wird eben gechattet. So what! Letztendlich gibt es auch Apps, die aufzeichnen, wie lange wir unser Smartphone nutzen – vielleicht reicht das auch erstmal zur Kontrolle. Und eine kleine Challenge, welches Familienmitglied am meisten / wenigsten am Smartphone ist, wäre schließlich auch spannend, oder?
5) Nettiquette – Regeln für den Umgang mit Klassenkameraden
Ich oute mich als furchbar alt – jedenfalls gab es früher in jeder Online-Community und in jedem Forum, das man nutzen wollte, eine so genannte Netiquette, die man bestätigen musste. Einfache Regeln, die das Kommunizieren erleichtern und Beleidigungen und sonstigen NoGos vorbeugen sollten. Heutzutage liest sich niemand mehr diese Benimmregeln durch. Deshalb sind wir Eltern (oder vielleicht auch die Lehrer) gefragt, diese zu vermitteln. Wobei es meiner Meinung eigentlich nur eine wichtige Regel geben muss: Poste nichts über andere, was du selbst nicht über dich verbreiten würdest. Fotos/Videos anderer ohne deren Zustimmung, Beleidigungen, Gerüchte und die Verbreitung von Kettenbriefen sind tabu!
6) Achtung Datenkraken – Persönlichkeitsrechte wahren
Wir selbst machen uns dazu viel zu wenige Gedanken. Aber Smartphones speichern eine Fülle von Daten – und sollte das Handy verloren gehen, haben vielleicht Dritte darauf Zugriff. Das ist bei Erwachsenen schon scheiße, bei Kindern kann das richtig nach hinten losgehen. Deshalb gilt hier: Safer Surf! Nicht nur das Anlegen und Verschlüsseln von Passwörtern sollte etwas sein, bei dem wir unseren Kindern helfen sollten. Auch Downloads von Apps sollten gerade am Anfang besprochen und nicht alleine gemacht werden – denn nicht alle Apps sind altersgemäß oder kostenfrei.
Ein weiterer Punkt in Sachen „Datenschutz“ sind sicherlich Netzwerke wie Instagram, Snapchat & Co. – auf denen Kinder- und Jugendlich mit Werbung konfrontiert werden, während sie selbst allerhand von sich Preis geben.
7) Kindgerechte Apps und Spiele
Je jünger das Kind, desto eher sollte man sich mit Apps und Spielen auf dem Kinder-Smartphone beschäftigen. Einige Handys bieten hier mittlerweile Möglichkeiten an, Browser & Co. kindersicher zu machen. Letztendlich habe ich mich hier noch nicht sehr damit auseinander gesetzt – das Ganze ist auch sehr Anbieter und Geräte abhängig. Und soweit sind wir noch nicht. Die Spiele, die meine Jungs auf dem Kinderpad nutzen, würde ich auch nicht als „kindersicher“ einschätzen, da hier oft Werbung oder Kaufaufforderungen mit einhergehen. Daher besprechen wir immer, ob ein Spiel heruntergeladen werden dürfen und spielen dann anfangs immer zusammen. Ob sich das im Umgang mit dem Smartphone bewährt, müssen wir noch herausfinden.
8) PrePaid oder Vertrag – an Kosten beteiligen
Ich halte ehrlich gesagt nix davon, wenn Eltern alle Kosten selbstverständlich übernehmen und auch defekte Handys promt ersetzen. Immerhin kosten die Dinger mittlerweile einen Haufen Kohle. Soviel, dass ich selbst nicht den neusten Scheiß haben kann. Wenn man als Kind auf seinen größten Wunsch – das Smartphone – hinsparen muss, wird es sicherlich weniger oft liegen gelassen und sorgfältiger behandelt.
Dazu hilft es sicherlich die Nutzungsdauer ganz natürlich zu regulieren, indem man das Kind auch an den laufenden Handykosten beteiligt. Sprich je nach Alter PrePaid Karten oder monatliche Grundgebühren selbst zu tragen und den elterlichen Zuschuss zu deckeln. Klar kann dann daheim im WLan immer noch gechattet und gezockt werden – das Handy ist dann aber unterwegs eher ein Kostenfaktor. Und mal Hand aufs Herz – jeder von und hatte in seinem Leben diesen einen Moment, als die Telefon- oder Rechnung mal so hoch war, dass uns ganz schlecht wurde und unsere Eltern man „ein ernstes Wörtchen“ mit uns reden mussten. Genau daraus lernt man.
9) Vertrauen ist keine Einbahnstraße – Helfer bei Problemen
Vertrauen ist immer eine wechselseitige Beziehung. Das heißt auch, dass wir unsere Kinder nicht das Gefühl geben dürfen, dass wir ihnen bei jedem kleinen Regelverstoß, Fehler oder Problem das Handy wegnehmen. Wir sollten vielmehr vermitteln, dass wir, falls etwas sein sollte, ein offenes Ohr haben und bei Problemen sachlich helfen, ohne gleich auszurasten. Denn nur so werden uns unsere Kinder auch ihr Vertrauen schenken und bei Mobbing, Kettenbriefen und sexuellen Übergriffigkeiten zu uns kommen.
10) Smartphone-Führerschein in der Schule
Viele Kinder lernen erst im Schulunterricht Schwimmen und machen dort das erste Schwimmabzeichen. Der Fahrrad-Führerschein wird in der 3. oder 4. Klasse geprüft. Warum nicht auch einen Smartphone-Führerschein machen? Denn viele Eltern werden sicherlich nicht besonders technisch versiert sein oder gar die Risiken im Umgang mit einem Smartphone ansatzweise kennen. Aber auch die Kinder dieser Eltern Auch werden früher oder später ein Handy besitzen. Auch sie benötigen Medienkompetenz – und die sollte auch mit Hilfe der Schulen vermittelt werden. Leichter gesagt als getan – doch vielleicht lässt sich ja mit Druck und Anregung von medienkompetenten Eltern etwas wuppen? Ein Smartphone-Führerschein könnte nicht nur den technischen Umgang mit dem Smartphone beinhalten (wie mache ich mein Handy Datensicher, wo schalte ich Benachrichtigungen, Ortung etc. aus), sondern auch Umgangsregeln für Chatgruppen und Social Media Plattformen, die Aufklärung von Risiken (Werbung, Kettenbriefe, verstörende Videos, persönliche Daten, sexuelle Übergriffigkeit) und empfohlene Nutzungszeiten.
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